In eigener Sache: Für deine internationalen Kollegen
Letzte Woche hat mir ein Leser aus Palo Alto geschrieben: "Deine Analysen sind genial. Aber viele meiner Kollegen verstehen kein Deutsch."
Das höre ich öfter. Viele arbeiten in internationalen Teams.
Deshalb gibt's jetzt "The German Autopreneur". Die englische Version meines Newsletters.
Gleiche Analysen. Gleiche Insights. Nur auf Englisch.
PS: Du würdest mich unglaublich unterstützen, wenn du den Link weiterleitest.
Herzlich willkommen zur 83. Ausgabe von Der Autopreneur.
Diese Woche hat Mercedes-CEO Ola Källenius einen Brandbrief an Ursula von der Leyen geschrieben. Im Namen der gesamten europäischen Autoindustrie.
Seine Botschaft ist dramatisch: Die EU-Klimaziele für 2030 und 2035 sind "nicht mehr machbar". Europa steht vor dem industriellen Kollaps.
Am 12. September trifft sich von der Leyen mit den Autochefs zum "Strategischen Dialog". Die Industrie nennt es ihre "letzte Chance".
Doch hinter diesem Hilferuf steckt eine andere Geschichte. Eine Geschichte von Angst. Von Lobbying. Und von einer Industrie, die verzweifelt um ihre Zukunft kämpft.

Was in dem Brief steht
Am 27. August haben Ola Källenius und Matthias Zink den offenen Brief unterschrieben.
Källenius als ACEA-Präsident für alle europäischen Autohersteller. Zink als CLEPA-Chef für die Zuliefererindustrie.
Ihre Forderungen?
Die starren CO2-Ziele müssen weg. Stattdessen: "Technologieoffenheit"
Kaufprämien und Steuersenkungen für E-Autos
Investitionen in Batterien, Halbleiter und kritische Rohstoffe
Weniger Strafen bei verfehlten CO2-Zielen
Übersetzt bedeutet das: Das de facto Verbrenner-Aus 2035 soll weg. Sonst wären über 13 Millionen Arbeitsplätze in Gefahr.
Die EU-Regeln sind gnadenlos
Ab 2030 müssen Autohersteller ihre CO2-Emissionen um 55% senken. Ab 2035 dürfen neue Autos gar kein CO2 mehr ausstoßen.
Wer die Ziele verfehlt, zahlt 95 Euro pro Gramm Überschreitung pro Auto.
Bei großen Hersteller mit vielen Verbrennern gehen die Strafzahlungen schnell in die Milliarden.
Die EU hat bereits im März die Regeln gelockert. Hersteller dürfen ihre CO2-Ziele jetzt über 3 Jahre verteilt erfüllen.
Aber das reicht der Industrie nicht. Sie fordert weitere Lockerungen.
Warum der Brief genau jetzt kommt
Mehrere Faktoren verschärfen die Situation gleichzeitig:
Die USA ziehen Investitionen ab. Amerika hat 15% Zölle auf alle EU-Autos eingeführt. 6x höher als zuvor. Gleichzeitig bieten sie Milliarden-Subventionen für Hersteller, die ihre Produktion dorthin verlagern
Chinesische Konkurrenz wächst. Bis 2030 soll der Anteil chinesischer Marken am westeuropäischen E-Auto-Markt auf über 12% steigen
Deutsche Hersteller verlieren in China Marktanteile. VW ist vom Marktführer zum Verfolger abgerutscht. Mercedes und Porsche trifft es noch härter. Das macht Europa als Heimatmarkt wichtiger
Europa hinkt bei Batterien hinterher. 90% aller Batteriezellen kommen aus Asien. Die jüngsten Meldungen rund um Northvolt und Cellforce zeigen: Wir haben ein Problem
Die E-Auto-Nachfrage enttäuscht. Nur 15% der Neuwagen in Europa sind elektrisch. Weit unter den Prognosen
Der Effekt: Deutsche Hersteller investieren Milliarden in China und den USA. Parallel bauen sie in Europa massiv ab. VW will 35.000 Stellen streichen. Bei Mercedes sind es 20.000.
Gleichzeitig betteln dieselben Konzerne in Brüssel um Subventionen.
Manche finden das heuchlerisch. Aber auch das greift zu kurz. Die Rahmenbedingungen zwingen die Konzerne praktisch dazu.
Deutsche Autohersteller haben es in China erlebt: Sie verlieren Marktanteile, wenn lokale Konkurrenten bei neuen Technologien schneller sind. Chinesische Hersteller wie BYD haben sie abgehängt.
Die große Angst: Das Gleiche passiert in Europa.
Es geht also vor allem um eins: Zeit kaufen. Profite mit Verbrennern noch etwas länger sichern. Und versuchen, in dieser Zeit technologisch aufzuholen.
Nicht alle sind an Bord
Interessant: Nicht alle Autohersteller unterstützen den Hilferuf.
Kia Europe hat öffentlich widersprochen: "Wir kommen mit dem 2035-Verbot klar. Kein Problem."
Auch Toyota unterstützt die 2035er-Ziele.
Der Grund: Manche Hersteller sehen die EU-Deadlines als Wettbewerbsvorteil.
Sie haben sich darauf eingestellt und wollen jetzt profitieren.
Das zeigt: Hier geht es nicht um "die Autoindustrie" als Ganzes. Sondern um individuelle Interessen. Wer bei E-Autos gut aufgestellt ist, will harte Regeln. Wer noch aufholen muss, will Aufschub.
Europas schwierige Wahl
Szenario 1: Die Regeln bleiben hart. Das könnte zu Deindustrialisierung führen. Chinesische und US-Hersteller könnten den europäischen Markt übernehmen.
Szenario 2: Die Ziele werden gelockert. Der Innovationsdruck fällt weg. Europa investiert länger in alte Technologien und Geschäftsmodelle. Das schwächt den Standort langfristig.
Szenario 3: Man findet einen Mittelweg. Europa investiert strategisch in die Zukunft. Mit klaren Bedingungen: Wer Förderung will, muss Wertschöpfung in Europa schaffen.
Mein Take
Ich bin für Szenario 3.
Ich verstehe natürlich die Sorgen der Industrie. Die Transformation ist brutal.
Aber Europa sollte nicht einfach nachgeben. Stattdessen brauchen wir klare Spielregeln:
Förderung an Zukunftstechnologien koppeln. Jeder Euro muss an lokale Produktion von Batterien, Chips oder Software gebunden sein. Die Gefahr: Europäische Steuerzahler subventionieren am Ende nur den Verkauf von Autos. Die eigentliche Wertschöpfung entsteht aber woanders. Europa würde dann Jobs in den USA und China finanzieren statt eigene.
Den Standort attraktiv machen. Europa sollte es für Unternehmen attraktiv machen, hier Jobs zu schaffen. Günstigeren Strom. Bessere Ladeinfrastruktur. Schnellere Genehmigungen. Das ist besser als pauschale Kaufprämien für alle.
Unvoreingenommen denken. Aus Sicht der Steuerzahler ist es egal, ob Mercedes oder ein chinesisches Unternehmen Jobs in Europa schafft. Hauptsache, die Wertschöpfung bleibt hier.
Die Lösung liegt nicht in mehr oder weniger Subventionen. Sondern in messbaren Zielen.
Dafür brauchen wir ein System: Schaffen Subventionen wirklich Jobs in der EU?
Mein Vorschlag: 3 einfache Kennzahlen. Sie werden quartalsweise veröffentlicht:
1. Local-for-Local-Quote: Anteil der in Europa entwickelten und gefertigten E-Autos am EU-Markt. Verhindert, dass wir Absatz subventionieren, während Jobs in China entstehen.
2. EU-Batterie-Selbstversorgung: Wie viel Prozent unseres Batteriebedarfs produzieren wir selbst. Denn: Batterien sind das Herzstück moderner Autos.
3. Industriestrom-Kostenlücke: Wie viel teurer ist Strom in Europa als in den USA. Günstigerer Strom entscheidet darüber, wo neue Fabriken entstehen.
Das wäre meine Antwort an Ola und Ursula: Europa hilft. Aber nur mit messbaren Gegenleistungen. Nicht für den Erhalt des Gestern. Sondern für den Aufbau von morgen.
PS: Wie immer bespreche ich das Thema noch etwas ausführlicher im begleitenden Podcast.

Warum ich bei Mercedes jeden Tag frustrierter wurde…
2019. Mein letztes Jahr bei Mercedes.
Mein größtes Problem?
8 Stunden Meetings am Tag. Hunderte ungelesene Mails. Newsletter. LinkedIn-Posts. Der volle Info-Overload.
Mein Anspruch: Über alles Bescheid wissen.
Die Realität: Ich hatte null Zeit dafür.
Dieses Problem haben heute 90% aller Automotive-Professionals.
Ein klassischer Zielkonflikt: Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, musst du gut informiert sein. Aber das Tagesgeschäft firsst dich komplett auf.
Ich kenne dieses Gefühl zu gut. Es hat mich wahnsinnig gemacht.
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📊 Aktien-Performance
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Hier die Wochenperformance der wichtigsten Automotive-Werte:

Woche Δ: Kursveränderung der letzten Woche
YTD Δ: Kursänderung seit Jahresbeginn
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Das war’s für heute:

Bis zum nächsten Mal,
Philipp Raasch
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