Warum Greta Thunberg Elon Musk reich gemacht hat

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Von Zeit zu Zeit möchte ich hier deshalb auch andere zu Wort kommen lassen.

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Vor kurzem hat mir ein Leser ein Interview mit Daniel Goeudevert empfohlen.

Ehrlich gesagt hat mir der Name nichts gesagt. Das war vor meiner Zeit.

Trotzdem habe ich reingehört. Und ich muss sagen: Es hat sich gelohnt.

Denn Goeudevert hat ein paar interessante Theorien. Darunter auch der Take zu Greta & Elon.

Aber falls es dir jetzt wie mir geht: Wer ist Daniel Goeudevert?

Der Franzose war in den 80ern und 90ern erst Deutschland-Chef bei Ford. Später dann im VW-Vorstand. Dort eckte er mit seinen unkonventionellen Ansätzen immer mal wieder an. Und musste VW deshalb 1993 verlassen.

Inzwischen ist er über 80 und hat trotzdem noch eine starke Meinung zur aktuellen Autoindustrie.

Sein Take: Die Branche muss sich komplett neu erfinden. Was wir erleben ist keine Evolution. Sondern ein Kipppunkt. Der größte Umbruch seitdem das Auto die Pferdekutsche verdrängt hat.

Hier sind die 7 wichtigsten Thesen aus seinem Gespräch:

KI-generiertes Symbolbild

1. Das Pferd verschwand nicht wegen seiner schlechten Performance

Sondern weil es eine bessere Lösung gab.

Die Pferdekutsche war eine valide Lösung um von A nach B zu kommen. Aber das Auto war eine viel bessere.

Genau diese Gefahr sieht Goeudevert auch heute. Nur diesmal sind wir die Pferdekutsche.

Die Branche versucht, neue Herausforderungen mit alten Erfolgsrezepten zu lösen.

Und genau das funktioniert nicht. "Das ist, als würde man die Elektrizität erfinden wollen, indem man die Öllampe optimiert."

Wir Deutschen sind Weltmeister im Optimieren. Seit 100 Jahren perfektionieren wir das gleiche Produkt. Was wir allerdings nicht tun: Das Grundkonzept des Autos in Frage stellen.

Goeudeverts Fazit: Diese Produkt-Obsession macht uns blind für die eigentliche Frage:

  • Welche Probleme lösen wir eigentlich?

  • Und ist dieses Produkt noch die beste Lösung dafür?

Daniel Goeudevert (Quelle: Wikipedia)

2. Wie das Auto zum Statussymbol wurde

Ursprünglich löste das Auto genau ein Problem: Von A nach B kommen. Es ersetzte das Pferd.

Später löste es aber noch ein Weiteres: Wie zeige ich meinen Erfolg?

Früher musste man sich eine Villa oder ein Schloss kaufen, um zu zeigen dass man es geschafft hatte.

Das Problem? Diese Statussymbole konnte man nicht mitnehmen. Man konnte nur seine Nachbarn und Besucher beeindrucken.

Genau dieses Problem löste das Auto. Es wurde das Statussymbol zum Mitnehmen.

Auf einmal hatte das Auto neben dem praktischen Wert noch einen symbolischen Wert.

Die Folge: Der Fokus verschob sich von der Funktion zum Besitz. Marken wurden wichtiger. Autos größer, schneller, luxuriöser.

Goeudevert sieht, dass sich diese Rolle langsam wandelt. Vor allem junge Menschen würden Status zunehmend über andere Produkte definieren.

Ich persönlich glaube: Das Auto bleibt eines der wichtigsten Statussymbole. Auch für jüngere Generationen.

3. Greta Thunberg hat Elon Musk reich gemacht

Goeudevert glaubt: Elon Musk hat Tesla nicht aus Überzeugung gekauft. Sondern aus Opportunismus.

Die Story beginnt 2004. Musk steigt als Investor bei Tesla ein. Einer kleinen Firma, gegründet von zwei Ingenieuren.

Was Musk damals erkannt hat, war ziemlich genial:

  1. Die öffentliche Stimmung würde sich pro Umwelt entwickeln

  2. Die etablierten Autohersteller würden zu langsam reagieren

Er positionierte Tesla perfekt in diesem Spannungsfeld:

  • Als progressive, umweltfreundliche Alternative

  • Als innovativen Gegenentwurf zu trägen Konzernen

  • Als Symbol für eine bessere Zukunft

Die Zahlen belegen diese These: Der Erfolg von Tesla an der Börse begann genau, als Fridays for Future groß wurde.

Ende 2019 demonstrierten Millionen für Klimaschutz und Greta hielt ihre berühmte UN-Rede. Kurz darauf ging Teslas Aktie durch die Decke.

Nur ein Jahr später war Tesla an der Börse mehr wert als BMW, Mercedes und VW zusammen.

Der geniale Schachzug: Musk stellte Tesla als Lösung für die Klimakrise dar. So sicherte er sich politische Unterstützung und massive Investitionen.

Goeudevert sagt: "Musk sagt etwas, aber meint etwas anderes." Was er öffentlich erklärt, entspricht nie seinen wahren Absichten.

Elon Musk ist also vor allem ein Geschäftsmann. Ein pragmatischer Opportunist.

Er passt seine Botschaften flexibel an, je nachdem, was gerade am besten funktioniert.

Als Greta die Weltbühne betritt, explodiert Teslas Aktienkurs

4. Beim Agenturmodell geht es primär um Daten

Und noch ein smarter Move von Elon Musk:

Er sammelt mit jedem verkauften Tesla massenhaft Daten.

Jedes Auto liefert kontinuierlich Informationen. Über Fahrer, Nutzung und Umgebung.

Diese Daten sind der eigentliche Wert.

Sie helfen, KI zu trainieren, Produkte zu verbessern und Kunden besser zu verstehen.

Die etablierten Hersteller haben das erkannt. Sie versuchen mit dem Agenturmodell nachzuziehen.

Durch den Direktvertrieb wollen sie direkten Zugang zum Endkunden und seinen Daten bekommen. So wie Tesla das eben auch macht.

Was wir hier aber gerade beobachten ist leider typisch deutsch: Viele Autobauer rudern schon wieder zurück. Sie starten große Veränderungen. Bekommen Gegenwind. Und ziehen sich zurück.

Was man verstehen sollte: Beim Agenturmodell geht es nur indirekt um ein neues Vertriebsmodell. Primär geht es um Daten.

5. Erfolge der Vergangenheit verhindern Innovationen

Goeudeverts Take können wir wahrscheinlich gut nachvollziehen:

Die Automobilindustrie ist extrem unbeweglich. Besonders erfolgreiche Unternehmen oder Manager stemmen sich gegen Veränderung.

Ihr Hauptargument gegen neue Ideen & Innovationen: Die Erfolge der Vergangenheit.

6. Digitalisierung heißt nicht mehr Screens

Goeudevert sagt: Die Autoindustrie versteht Digitalisierung falsch.

Sie starten damit, mehr Bildschirme ins Auto zu bauen. Der logische erste Schritt wäre aber, sich auf autonomes Fahren zu konzentrieren.

Denn erst wenn Autos selbstständig fahren, machen viele Bildschirme Sinn.

Sein Fazit: Die Automobilbranche verwechselt oft Mittel und Zweck. Sie fügt Features hinzu, ohne das grundlegende Nutzungserlebnis zu überdenken.

Ich denke: In Deutschland haben wir oft ein zu oberflächliches Verständnis von Digitalisierung.

Man kopiert das, was man sieht. Den Screen.

Das Problem? Ein iPhone definiert sich nicht über den Screen. Sondern durch das Ökosystem und das Nutzererlebnis.

7. Der Wandel braucht neue Zusammenarbeit

Und auch das hatte ich ja schon öfters mal thematisiert: Transformation braucht einen Schulterschluss.

Die Autoindustrie arbeitet in Silos. Ingenieure sprechen kaum mit den Leuten aus der Werkstatt. Die Erkenntnisse vom Kunden kommen selten in der Entwicklung an.

Eine echte Transformation erfordert einen runden Tisch aus:

  • Verbrauchern, die ihre Bedürfnisse äußern

  • Politikern, die langfristig denken

  • Ingenieuren, die offen für Veränderung sind

  • Tech-Experten mit frischen Perspektiven

Mein Take

Die deutsche Autoindustrie ist Weltmeister im Verbessern. Aber genau das wird zum Problem.

Was uns fehlt: Der Mut zum kompletten Neuanfang. Der Mut, das Auto grundlegend neu zu denken.

Wir Deutsche versuchen seit 100 Jahren, dasselbe Produkt zu perfektionieren. Währenddessen erfindet China dieses Produkt komplett neu.

Wir fragen: "Wie können wir diesen Motor noch ein halbes Prozent effizienter machen?"

Die Chinesen fragen: "Welche Kundenbedürfnisse können wir lösen?"

Die chinesischen Hersteller zeigen, was mit freiem Denken möglich ist:

  • Xiaomi vernetzt das Auto nahtlos mit Kühlschrank, Smartphone und Smart Home

  • Das Fahrzeug wird Teil eines Ökosystems, nicht nur Transportmittel

  • Sie bauen Dinge ein, die wir als "Spielerei" abtun: Karaoke, Social-Features, integrierte Drohnen

Klar: Vieles davon wird scheitern. Aber manchen eben nicht. Einige Dinge werden bleiben.

Und diese Dinge werden verändern, was ein Auto ist. Das ist die eigentliche Neuerfindung.

Es gibt nicht diesen einen Big Bang. Die Definition was ein modernes Auto ist, wird iterativ entwickelt.

Der entscheidende Unterschied: Die Chinesen dürfen frei denken. Experimentieren. Bei uns gilt: "Das haben wir schon immer so gemacht."

Diese Denkweise ist kein Schutzwall. Sie ist ein Gefängnis für die Kreativität.

Die deutschen Autobauer müssen verstehen: Es geht nicht mehr darum, bessere Autos zu bauen. Es geht darum, das Auto im 21. Jahrhundert neu zu erfinden.

PS: Wie immer bespreche ich das Thema noch etwas ausführlicher im begleitenden Podcast.

Wie du siehst, tut sich gerade richtig viel in der Automobilbranche.

Wenn du den Überblick behalten willst:

Ich versende jeden Mittwoch ein Automotive Intelligence Briefing für Unternehmen.

Darin enthalten: Alle erfolgskritischen Updates der Branche. In 5 Minuten gelesen.

Ich sehe das essential für alle Unternehmen mit Automotive-Exposure.

Denn nur wenn du das Big Picture verstehst, kannst du dein Unternehmen, deinen Geschäftsbereich oder dein Projekt optimal ausrichten.

📊 Aktien-Performance

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Hier die Wochenperformance der wichtigsten Automotive-Werte:

Woche Δ: Kursveränderung der letzten Woche
YTD Δ: Kursänderung seit Jahresbeginn

Verstehen, was hinter diesen Zahlen steckt? Mein Automotive-Intelligence Briefing liefert alle Hintergründe.

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Philipp Raasch

Bis zum nächsten Mal,
— Philipp Raasch

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