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Die deutsche Autoindustrie scheitert nicht an Technik, sondern an sich selbst
10 Learnings aus meinem Gespräch mit Augustin Friedel
In eigener Sache:
Der Autopreneur jetzt auch auf Englisch
"Gibt's den Newsletter auch auf Englisch?" Diese Frage erreicht mich fast täglich.
Die gute Nachricht: Ja, ab sofort! "The German Autopreneur" liefert die gleichen Insights wie dieser Newsletter. Nur auf Englisch.
Perfekt für:
Internationale Kollegen bei deutschen Autoherstellern und Zulieferern
Automotive-Professionals weltweit, die den europäischen Markt verstehen wollen
Alle, die klare Analysen zum Wandel der Automobilindustrie suchen
Die englische Version erscheint immer dienstags um 14:00 Uhr.
PS: Leite den Link gerne an internationale Kollegen weiter.
Herzlich willkommen zur 76 Ausgabe von Der Autopreneur.
Der heutige Newsletter basiert auf meinem Gespräch mit Augustin Friedel.
Augustin kennt man wahrscheinlich von LinkedIn. Dort analysiert er regelmäßig Themen wie Software-Defined Vehicles, Halbleiter und die Transformation der Automobilindustrie.
Und das sehr erfolgreich: Mit 53k Followern ist er der wohl größte Automotive-Account in Deutschland.
Was viele nicht wissen: LinkedIn macht er komplett in seiner Freizeit. Hauptberuflich arbeitet er als Associated Partner bei der Porsche-Tochter MHP.
Sein Weg in die Automobilindustrie war ungewöhnlich. Von Tech-Startups wie Rocket Internet und Uber wechselte er zu Volkswagen und später zu MHP. Diese Erfahrung gibt ihm eine einzigartige Perspektive auf unsere Branche.
Das komplette Gespräch geht 1,5 Stunden. Die wichtigsten Erkenntnisse habe ich für dich kompakt zusammengefasst. Den Podcast verlinke ich unten.

10 Key Insights aus unserem Gespräch
1. Die größte Herausforderung der Transformation ist nicht technisch, sondern organisatorisch
Die deutsche Automobilindustrie hat kein Erkenntnisproblem. Sie hat ein Umsetzungsproblem. Wir wissen, was zu tun ist. Die Schwierigkeit liegt in der Veränderung von Organisationsstrukturen und Denkweisen. Die Technologie ist vorhanden. Veraltete Prozesse, Silos und kulturelle Hürden bremsen die Transformation.
2. Software-Defined Vehicles sind ein Weg zum Ziel aber nicht das Ziel
SDVs sind nicht das Endprodukt. Sie sind Enabler für "Customer-Defined Vehicles". Das Ziel: Autos, die sich möglichst kosteneffizient (digital) an unterschiedliche Nutzergruppen und regionale Präferenzen anpassen lassen. Das Konzept des "Weltautos" funktioniert nicht mehr. Local for local wird zum Standard. Und genau hier sind SDVs der Schlüssel. Sie ermöglichen, Fahrzeuge für verschiedene Märkte durch Software zu differenzieren.
3. Leuchtturmprojekte müssen besser skaliert werden
Deutsche OEMs entwickeln oft beeindruckende Einzellösungen. Diese werden jedoch nur selten schnell genug über das gesamte Portfolio ausgerollt. Das Problem: Die Komplexität der Konzerne und verschiedene Baureihen blockieren eine effiziente Skalierung. Und ohne Skalierung bleiben die Kosten pro Fahrzeug zu hoch. Der Markteffekt bleibt zu gering.
4. Für die globale Wettbewerbsfähigkeit brauchen wir 2 separate Software-Stacks
Eine globale Software-Plattform reicht nicht mehr aus. Zukünftig sind 2 vollständige Software-Stacks nötig. Einer für China. Einer für den Rest der Welt. Datenschutzgesetze, verschiedene KI-Ökosysteme und unterschiedliche Nutzererwartungen machen das notwendig. Chinesische Daten dürfen das Land nicht verlassen. Westliche Systeme performen in China oft nicht optimal.
5. Parallele Organisationsstrukturen sind kein Zeichen der Kapitulation
Unternehmen wie Renault (Ampere) oder Ford bauen neue Organisationen für Zukunftstechnologien auf. Das ist kein Eingeständnis des Scheiterns. Es ist ein "mutiger Schritt" zur Beschleunigung der Transformation. Die Strategie dahinter: Die Transformation lässt sich in der alten Organisation oft nicht schnell genug umsetzen. Die neue Welt wird deshalb auf der grünen Wiese aufgebaut. Die alte Welt verwaltet und entwickelt das Bestandsgeschäft und finanziert den Aufbau der neuen Struktur.
6. Functions-on-Demand benötigen eine kundenzentrierte Herangehensweise
Der erste Anlauf in Hinblick auf Functions-on-Demand ist bei den meisten OEMs gescheitert. Features wie Sitzheizung als Abo anzubieten hat nicht funktioniert. Der Grund: Man ist nicht kundenzentriert und datenbasiert vorgegangen. Erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle erfordern ein tiefes Verständnis der Kundenbedürfnisse. Man muss die Zahlungsbereitschaft kennen. Man muss das Wettbewerbsumfeld analysieren. Interne Annahmen reichen nicht aus.
7. Bei Eigenentwicklung von Chips kommt es auf die Wertschöpfungstiefe an
Companies wie Tesla und NIO kontrollieren sowohl Hardware als auch Software komplett. Sie beherrschen die komplette Lieferkette. Für sie macht eigenes Chip-Design Sinn. Traditionelle OEMs haben eine geringere Software-Wertschöpfung. Das reicht meist nicht, um die Software optimal auf individuelle Chips abzustimmen. Für sie sind Co-Design Partnerschaften mit Chip-Herstellern oft effektiver.
8. China ist selbst noch in der Findungsphase
Entgegen der verbreiteten Meinung haben auch chinesische Hersteller nicht alle Antworten. Bei Zukunftstechnologien experimentieren sie noch. End-to-End-KI-Modelle für autonomes Fahren sind auch in China im Entwicklungsstadium. Die Strategien werden laufend angepasst. Diese Erkenntnis sollte der europäischen Industrie Mut machen. Das Rennen ist noch nicht entschieden.
9. Eine komplett europäische Batterieproduktion aufzubauen wäre "extrem brutal"
Die Abhängigkeit von asiatischen Batterieherstellern war eine bewusste Entscheidung. Es war keine technische Notwendigkeit. Diese Lücke jetzt zu schließen wäre extrem aufwändig. Smarte Deals, Lizenzvereinbarungen und Joint Ventures sind der bessere Weg. So können wir Produktion nach Europa holen. Und gleichzeitig Know-how aufbauen.
10. Die Automobilindustrie bleibt ein attraktives Berufsfeld
Trotz Transformation und Stellenabbau bietet die Branche weiterhin gute Perspektiven. Die Dinge verschieben sich. Neue Rollen und Kompetenzen werden wichtig. Neue Player kommen in den Markt. Besonders in den Bereichen Software, KI und Halbleiter entstehen neue Positionen. Sowohl bei OEMs und Zulieferern als auch bei Tech-Companies. Denn immer mehr Tech-Player werden gezielt im Automotive-Bereich aktiv.
Mein Take
Das Gespräch bestätigt meine Sicht auf die Probleme der deutschen Autoindustrie. Die Transformation ist kein technisches Problem. Es ist ein organisatorisches Problem. Und Augustin zeigt: Dafür gibt es Lösungen und Strategien.
Augustin hat einen 360-Grad-Blick auf die Transformation. Er kennt die Startup-Welt. Und die Konzerne. Diese Perspektive macht seine Einschätzungen besonders wertvoll.
Was bei mir noch hängen geblieben ist?
Automotive ist nach wie vor eine attraktive Branche. Nur die Anforderungen verschieben sich.
Die klassischen Automotive-Kompetenzen bleiben sicher wichtig. Aber für die Zukunft reichen sie nicht mehr aus. Ich könnte jetzt die neuen Tech-Skills runterbeten. Aber das haben wir alle schon zig mal gehört.
Lass es mich anders sagen: Die Branche braucht jetzt vor allem Menschen mit einem anderen Mindset.
Der typische General Manager alter Schule passt definitiv nicht mehr zur heutigen Realität.
Die Good News? Die Transformation wirkt wie ein Filter. Diejenigen die am Gestern festhalten, werden zwangsweise aussortiert. Und das macht Platz für eine neue Generation. Und zwar für diejenigen, die offen sind für Veränderung.
PS: Das vollständige Gespräch mit Augustin findest du in der aktuellen Podcast-Folge.

Warum ich bei Mercedes jeden Tag frustrierter wurde…
2019. Mein letztes Jahr bei Mercedes.
Mein größtes Problem?
8 Stunden Meetings am Tag. Hunderte ungelesene Mails. Newsletter. LinkedIn-Posts. Der volle Info-Overload.
Mein Anspruch: Über alles Bescheid wissen.
Die Realität: Ich hatte null Zeit dafür.
Dieses Problem haben heute 90% aller Automotive-Professionals.
Ein klassischer Zielkonflikt: Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, musst du gut informiert sein. Aber das Tagesgeschäft firsst dich komplett auf.
Ich kenne dieses Gefühl zu gut. Es hat mich wahnsinnig gemacht.
Deshalb habe ich 'Der Autopreneur Pro' entwickelt.
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📊 Aktien-Performance
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Hier die Wochenperformance der wichtigsten Automotive-Werte:

Woche Δ: Kursveränderung der letzten Woche
YTD Δ: Kursänderung seit Jahresbeginn
Verstehen, was hinter diesen Zahlen steckt? Mein Automotive-Intelligence Briefing liefert alle Hintergründe.
Das war’s für heute:
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Bis zum nächsten Mal,
— Philipp Raasch
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